Diabetes mellitus ist eine chronische Krankheit, in deren Verlauf es zu Veränderungen an den Gefäßen kommt. Infolge gestörter Mechanismen
der Vasodilatation und Vasokonstriktion sowie vermehrter Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen kommt es zur Entwicklung einer endothelialen
Dysfunktion. Vielfach machen sich diabetogene endotheliale Funktionsstörungen frühzeitig durch penile Erektionsprobleme bemerkbar. Im Vordergrund
des pathophysiologischen Geschehens an den Endothelien bei Diabetes mellitus stehen hyperglykämische Effekte, die sich auf die Bioverfügbarkeit
von Stickstoffmonoxid (NO) auswirken.
Im Penis sind verschiedene Stickstoffmonoxid-Synthasen (NOS) aktiv: In den nitrergen Nervenfasern erfolgt die NO-Produktion mit Hilfe
der neuronalen NOS (nNOS). Im Endothel wird NO über die endotheliale NOS (eNOS) gebildet. Zudem ist in den glatten Muskelzellen die
induzierbare NOS (iNOS) nachgewiesen worden (nicht dargestellt). In den glatten Muskelzellen aktiviert NO die Guanylatzyklase, deren
Funktion es ist, die Umwandlung von Guanosintriphosphat (GTP) in zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) zu katalysieren. ACh = Acetylcholin, Bk = Bradykinin, VIP = vasoaktives intestinales Peptid. |
Verschiedentlich wurde eine verringerte Aktivität der eNOS festgestellt, die mutmaßlich auf die verminderte Verfügbarkeit von L-Arginin, dem Substrat
der eNOS, zurückzuführen ist. Dafür sprechen zumindest Befunde, wonach die Fütterung von
L-Arginin an diabetische Versuchstiere zu einer vermehrten
NO-Biosynthese führt, und eine vermehrte Endothel-abhängige Relaxation der kavernösen glatten Muskulatur beobachtet wird.
Für eine verminderte Verfügbarkeit von L-Arginin bei diabetischer Stoffwechsellage gibt es eine Reihe von Anhaltspunkten. Insbesondere steigen bei Hyperglykämie die Expression und Aktivität eines Enzyms (Arginase) an, durch das L-Arginin zu L-Ornithin und Harnstoff umgewandelt wird. Die Hemmung dieses Enzyms im Penis von Diabetikern begünstigt die Relaxation der glatten kavernösen Muskulatur.
Tetrahydrobiopterin (BH4) ist ein Kofaktor der eNOS, dessen Inaktivierung zu einer verminderten NO-Produktion führt. Bei In-vitro-Exposition endothelialer Zellen mit Glukose kommt es zu riner Reduzierung der Bioverfügbarkeit von BH4. Durch Supplementierung von BH4 bei Diabetikern kommt es zu einer Verbesserung der endothelialen Funktion.
In Plaques aus der Arteria carotis von diabetischen Patienten wurde eine modifizierte Physphorylierung der eNOS festgestellt. Diese betrifft
die durch Glukose induzierte Bildung von N-Acetylglukosamin. Hierbei wird zugleich die für die Aktivität der eNOS wichtige Phosphorylierung an
Position Ser-1177 gehemmt. Tierversuche haben gezeigt, dass die modifizierte Phosphorylierung der eNOS mit einer verschlechterten erektilen
Funktion einhergeht.
In einer Reihe von Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass oxidativer Stress eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von ED im Zusammenhang mit Diabetes mellitus spielt. Anhand solcher Modelle konnte gezeigt werden, dass die erektile Funktion durch Gabe von Antioxidantien wie Vitamin E und C sowie verschiedenen anderen Elektronenakzeptoren wieder hergestellt werden kann. Ob sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, erscheint aber eher zweifelhaft.
Bei diabetogener ED spielen ferner bestimmte Zucker-Protein-Produkte, so genannte advanced glycation end products (AGE), eine Rolle. Solche Produkte lagern sich bei Diabetikern, aber auch mit zunehmendem Alter vermehrt im Gewebe ab. Sie entstehen bei nicht enzymatischer Glykosylierung und anschließender Umlagerung der Zucker-Protein-Bindung.
Durch AGE wird die NO-Produktion sowohl durch die eNOS als auch durch die neuronale NOS (nNOS) beeinträchtigt. Ferner kommt es durch AGE zu Schäden am kavernösen Gewebe und dessen Inervation. Hierbei spielt die Bildung von Lipidperoxiden in den Zellmembranen eine Rolle.
Durch die so genannte eNOS-Entkoppelung wird das normalerweise die Synthese von NO katalysierende Enzym zu einem die Bildung von Superoxidanion katalysierenden
Enzym. Diese Umschaltung auf ein anderes Reaktionsprodukt führt bei diabetischen Patienten zu einer erhöhten Konzentration an Superoxidanionen. Es kommt zu
einer vermehrten Bildung von Peroxynitrit und der Spaltung von eNOS-Dimeren. Ein Zusammenhang der eNOS-Entkoppelung mit diabetogener ED könnte sowohl über
vermehrten oxidativen Stress als auch über eine verminderte NO-Produktion bestehen.
Der RhoA/Rho-Kinase-Reaktionsweg wird während einer Erektion durch NO unterdrückt. Der Botenstoff bewirkt, dass vermehrt zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) gebildet wird. Durch Aktivierung der von cGMP abhängigen Proteinkinase G kommt es zu einer Verringerung des intrazellulären Kalziums und Antagonisierung des RhoA/Rho-Kinase-Reaktionsweges.
Bei experimentell erzeugtem Diabetes wurde in der penilen glatten Muskulatur der Versuchstiere eine erhöhte Expression von RhoA und der beta-Isoform der Rho-Kinase
festgestellt. Das führte zu verstärkter Endothelin-induzierter Kontraktilität des penilen Gewebes.
Literatur:
Musicki B, Burnett AL. 2007. Endothelial dysfunction in diabetic erectile dysfunction. Int J Impot Res 19:129-138.
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